Freya besitzt einen wunderbaren Schmuck, das Brisingamen.
Der Name leitet sich aus dem Altnordischen brisinga = leuchtend, flammend, glühend und
men = Schmuck, Ornament, ab. Auf vielen Darstellungen wird Freya mit Ihrem Brisingamen gezeigt.
Es ist - im wahrsten Sinne des Wortes - aus Liebe gemacht. Vier Reihen wertvoller Preziosen zeichnen es aus,
doch woher kommt es? Wer hat es gemacht?
Lest hier den Lebendigen Mythos:
Freyas Brisingamen
Die besten Schmiede der Zwerge kamen zusammen ein Geschmeide zu fertigen, das Freyas Wesen gleiche.
Vier von ihnen machten sich an die Arbeit. Ein jeder arbeitete für sich und hütete eifersüchtig
seine Geheimnisse. Sie nahmen die kostbarsten Rohstoffe, legten all ihr Geschick hinein
und arbeiteten Tag und Nacht.
Ein jeder wollte den anderen ausstechen und Freyas Gunst so gewinnen. Als ihr Werk schließlich
vollbracht, kamen sie vor Freyas Angesicht und sie sollte sehen wessen Werk das Beste war.
Ein jeder blickte eifersüchtig auf das Werk des Anderen.
Freya schüttelnde bedauernd den Kopf.
„Keines kann ich annehmen, denn keines entspricht mir. Jedes von ihnen zeigt eure hohe Kunstfertigkeit,
aber euch fehlt die Leidenschaft.“
Der älteste unter ihnen trat vor und voller Zorn sprach er zu ihr. „Ihr seid undankbar
und versteht nicht unsere Kunst.“
Die anderen fielen zustimmend ein und ein lautes Streiten begann.
Freya hob ihre Stimme an „Ihr Zwerge hört mich an, ich weiß wie ihr das Werk vollenden
könnt. Nacheinander kommt ein jeder zu mir und ich werde ihn unterweisen in meiner Kunst.“
Der Älteste trat nun zu ihr. „Ihr seit eine Göttin, so will ich euren Rat hören,
auch wenn ihr nicht schmieden könnt.“
Golden der Kuss
Den ersten lehrte sie, „So forme das Gold, dass es den Lippen gleicht, die zum Kuss geformt sind.
Lege in sie hinein die Erwartung, die bebende Erwartung, die Lippen zum Empfang bereit.
Mit großen Augen blickte er sie an. „Was ihr hier wollt das ist nicht fühlbar und
kann ich auch nicht dem Gold beibringen.“
Sie nahm seine Hand mit all den Schwielen und ließ ihren Finger darüber gleiten.
„Kannst Du das fühlen?“
Er nickte ihr zu.
„So kannst du mich fühlen.“ Sie beugte sich zu ihm herab und gab ihm einen Kuss,
der den Zwerg erbeben ließ. Er musste sich erst einmal setzen, so hatte sie ihn erschüttert.
Sie sprach: „Fang an und zögere nicht.“
Im Bernstein die Worte aller Worte
Den Zweiten lehrte sie, „Schließe ein
in den goldenen Honig des Steins die Worte aller Worte ich liebe dich. Nehme sie von 99 Frauen, den jungen, den alten,
den leisen, den lauten, den zitternden und den selbstsicheren Stimmen.“
Er wendete ein, „Was ihr verlangt werte Freya kann ich nicht vollbringen, denn Worte
sind nicht greifbar.“
Sie beugte sich zu ihm herab und flüsterte in sein Ohr hinein. Ihre Lippen ganz nah bei ihm
und ihre warmen Worte gleich Honig flossen über ihre Lippen. Er wurde rot und blickte ganz verlegen.
„Spürst du jetzt wie die Worte dich ergreifen. So greif dein Werkzeug und fang an.“
Angespornt von ihren Worten eilte er davon.
Perlen, die Blicke der sich wahrhaft liebenden
Den Dritten lehrte sie, “Poliere die Perle
und fasse sie ein, gleich einem Blick den die Liebste ihrem Lieben zuwirft. Lege hinein die Leidenschaft und das
Versprechen was kommen mag. Flechte hinzu die Freude über seine Gegenwart.“
Er staunt nur, „Ein Blick ist unsichtbar, den kann ich in keiner Perle einfangen.“
Sie legte die Hand unter sein Kinn und blickte tief in seine Augen. Er war ganz gefangen von ihrem
Blick und verharrte in stiller Andacht.
„Ich bin die Tochter Njörds, dem Hüter der Meere und meine Augen sind den schönsten Perlen gleich.
Wann immer du die Augen schließt wirst du mich sehen.“
Sie ließ ihn zurück, wie er da stand und es dauerte einen Tag bis er mit seiner Arbeit begann.
Kristalle - die Tränen der Freude
Den Vierten lehrte sie, „Fange ein im Kristall die Tränen der Freude, den glücklichsten Tag, wenn
man nach langer Trennung wieder in den Armen des Geliebten liegt, wenn man vor Freude für andere weinen muss,
wenn man überfließt vor Leidenschaft und die Augen die Fluten nicht mehr zurückhalten können.
Aber auch die Tränen der tiefen Trauer über lange Trennung, die man raus lassen muss und die
Überraschung, die einen zu Tränen rührt.“
Trotzig blickte er sie an. „Erst seid ihr mit meinem Werk nicht zufrieden und nun verlangt ihr
unmögliches von mir! Ich kann keine Tränen einfangen.“ Sie legte die Hand auf sein
Gesicht und schon weinte er bitterlich. Mit einer wischenden Handbewegung versiegte sein Schluchzen
und er begann vor Freude zu juchzen. Freudentränen rannen über sein Gesicht.
Freya nahm ein Fläschchen, hielt es unter sein Gesicht und fing eine Träne nach der Anderen.
Als das Fläschchen voll war reichte sie es ihm. „Hier ist die greifbare Träne“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe es jetzt erfahren und brauche es nicht mehr. Es wird geschehen
wie ihr wünscht, holde Göttin.“
Das Brisingamen - ein Kunstwerk aus Liebe geformt
Sie kamen alle zusammen, als das Geschmeide vollendet war. Eine Reihe aus Gold, eine aus Bernstein, eine
aus Perlen und eine aus Kristall. Der älteste der Zwerge führte das Wort, „Es war uns
eine Freude und es für Euch zu schaffen hat uns alle bereichert.“
Freya legte es an und sie strahlte noch mehr, ihre Anmut, ihre Leidenschaft, ihre Liebe war zum ersten
Mal in ein Kunstwerk gefasst. Das Brisingamen trägt sie noch heute und die Zwerge vereint noch heute,
was sie für Freya vollbracht.
Michael Schütz - Asatru Ring Midgard
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